Wie umweltschädlich ist die Batterieproduktion?
Zu den häufigen Kritikpunkten an der Elektromobilität gehört der soziale und ökologische Fussabdruck von Produktion und Entsorgung der gängigen Lithium-Ionen-Akkus. Was an dieser Kritik dran ist und welche neuen Batterie- und Recyclingtechnologien Abhilfe versprechen, erläutern wir in diesem Blogbeitrag.

Lithium-Ionen-Batterien haben die besten Eigenschaften
Leistungsstarke Batterien sind der entscheidende Faktor beim Umstieg von Autos mit Verbrennungsmotor auf solche mit Elektroantrieb. Die Traktionsbatterien müssen dabei verschiedene Anforderungen erfüllen: Eine hohe Energiedichte, um das Gewicht gering zu halten, Robustheit gegenüber Lade-und Entladezyklen für eine hohe Langlebigkeit, eine geringe Temperatursensibilität, um den Einfluss von Umgebungstemperaturen zu minimieren sowie die Fähigkeit, schnell geladen zu werden. Nach dem heutigen Stand der Forschung werden diese Kriterien am besten von sogenannten Lithium-Ionen-Akkus erfüllt. Die Bezeichnung rührt daher, dass sich bei diesem Batterietyp Lithium-Ionen zwischen den beiden Polen hin- und herbewegen.
Verbaute Materialien in Batterien
Neben dem namengebenden Lithium stecken in den Batterien aber auch noch zahlreiche andere Materialien. In einer 60 kWh Batterie neuerer Bauart befinden sich 5 kg Lithium, 5kg Kobalt, 39 kg Nickel, 5kg Mangan, 45 kg Graphit, 30 kg Aluminium, 20 kg Kupfer und 20 kg Stahl.

Materialien einer 60 kWh Lithium-Ionen-Batterie NMC811. Angaben gemäss: Batterien für Elektrofahrzeuge, BFE, Grundlagendokument 2023.
Eine Schwierigkeit im Zusammenhang mit diesen Rohstoffen ist, dass deren Abbau einen ökologischen und sozialen Fussabdruck hinterlässt. Besonders im Fokus bezüglich der negativen Effekte auf Mensch und Umwelt stehen unter anderem Lithium, dessen Förderung in ohnehin schon trockenen Regionen einen hohen Wasserverbrauch verursacht, und auch Kobalt. Rund 60% dieses Metalls werden im Kongo abgebaut, wo es oft an vertretbaren Sozial- und Sicherheitsstandards mangelt. Bei der problematischen Herkunft dieser Rohstoffe gilt es allerdings zu bedenken, dass dies auch auf die Förderung fossiler Brennstoffe und den Rohstoffabbau ganz allgemein zutrifft.
CO2 Bilanz nach 40'000 km ausgeglichen
Neben den ökologischen und sozialen Auswirkungen beim Rohstoffabbau sind die Prozesse für die Batterieproduktion auch sehr energieintensiv. Gemäss einer vielbeachteten Studie des IVL Swedish Environmental Research Institute aus dem Jahr 2019 entstehen bei der Herstellung der Batterien im Durchschnitt zwischen 61 und 106 Kilogramm CO2-Äquivalente pro Kilowattstunde produzierter Batteriekapazität. Damit läuft ein Elektroauto tatsächlich mit einem grösseren Emissionsrucksack vom Stapel als ein Auto mit Verbrennungsmotor. Weil E-Autos im Betrieb dann aber deutlich weniger Emissionen verursachen, ist dieses Handicap bereits nach relativ kurzer Zeit wieder ausgeglichen. Gemäss dem Berechnungstool Carculator des Paul Scherrer Instituts fällt die Ökobilanz eines E-Autos ab rund 40'000 Kilometern im Vergleich deutlich besser aus. Bei einem Lebenszyklus von 200'000 Kilometern ist bei Schweizer Strommix mit Einsparungen von 30 Tonnen CO2 zu rechnen. Bei zunehmender Stromproduktion aus erneuerbaren Quellen wird sich diese Bilanz zudem noch weiter verbessern.
CO2-Äquivalente für Mittelklassefahrzeuge 2023

Angaben in Gramm pro Kilometer über einen Lebenszyklus von 200'000 km. Berechnungen gemäss Carculator.
Vielversprechende Lösungsansätze
Auch wenn Elektroautos aus ökologischer Sicht also auf jeden Fall die bessere Wahl sind, gibt es rund um die Batterieproduktion und -entsorgung eindeutig noch Verbesserungspotential. Das Gute daran ist, dass dies weitgehend erkannt ist und es bereits verschiedene vielversprechende Lösungsansätze gibt. Diese reichen von regulatorischen Massnahmen, über Veränderungen der Materialzusammensetzung bis hin zur Verbesserung des Recyclings alter Batterien.
Regulatorische Massnahmen
Ein wichtiger regulatorischer Schritt auf dem europäischen Markt ist die EU-Batterieverordnung, die seit Februar 2024 in allen EU und EWR-Ländern gilt. Die Verordnung zielt darauf ab, die Recyclingrate zu verbessern und entlang des gesamten Produktionsprozesses verantwortungsvolle und nachhaltige Praktiken zu fördern. Zudem soll auch die Innovation und Produktion in Europa gefördert werden, was für mehr Transparenz bei den Lieferketten sorgen wird.
Veränderung der Materialzusammensetzung
Um die Abhängigkeit von seltenen und problematischen Rohstoffen wie Kobalt und Lithium zu verringern, wird in der Batterieforschung die Reduktion und Substitution dieser Materialien in den Batteriezellen verfolgt. Zukunftsweisend ist etwa die Entwicklung von Lithium-Eisenphosphat (LFP) Batterien, die von verschiedenen Autoherstellern vermehrt, nicht zuletzt auch aufgrund der niedrigeren Kosten, eingesetzt werden.
Second Life und RecyclingEine zunehmende Herausforderung wird zudem auch der Umgang mit den Batterien ausgedienter Elektroautos sein. Hier bietet sich zunächst die Option, die Batterien als stationäre Speicherbatterien, z.B. bei Photovoltaikanlagen, bei Ladestationen (vgl. dazu diese Lösung von GOFAST) oder in Kraftwerken einzusetzen. Bei fortschreitender Degradation durch Alter und Ladezyklen kommt aber auch die Second Life Verwendung zu einem Ende. Die Dauer dieser Zweitanwendung kann rund 10 Jahre betragen. |
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Ab diesem Zeitpunkt gilt der Fokus der Rückgewinnung der wertvollen Metalle in den Batteriezellen. Recycling von Altbatterien ist in der Schweiz gesetzlich vorgeschrieben. Dabei gehören die Firmen Batrec AG, Librec AG und Kbyurz Switzerland AG zu den Innovationspionieren beim Recycling von Lithium-Ionen-Akkus. Als eines der ersten Schweizer Unternehmen gewinnt Kyburz Switzerland mit einem mechanischen Verfahren schon heute über 90% der Rohstoffe aus den hauseigenen Lithium-Eisenphosphat-Batterien zurück. In Zusammenarbeit mit dem deutschen Unternehmen Vitesco Technologies GmbH sollen die Prozesse in Zukunft industrialisiert und für die höhere Nachfrage optimiert werden. Die Batrec AG und die Librec AG extrahieren die wertvollen Rohstoffe Kobalt, Nickel, Mangan, Lithium, Kupfer, Aluminium in einem mechanisch-chemischen Aufbereitungsverfahren. Die Librec AG will im zweiten Quartal 2024 den Betrieb in Biberist mit einer Recyclingkapazität von 10'000 Tonnen pro Jahr aufnehmen. Darüber hinaus werden in ganz Europa Recyclinganlangen für Lithium-Ionen-Batterien mit hohen Rückgewinnungsraten gebaut. Bei diesen erfreulichen Initiativen muss allerdings auch bedacht werden, dass Batterierecycling derzeit nicht rentabel ist. Wie profitabel das Geschäft mit der Wiederverwertung ist, hängt von den Rohstoffpreisen und regulatorischen Anreizen wie vorgezogenen Entsorgungsgebühren ab.
Fazit
Lithium-Ionen Akkus eignen sich aufgrund ihrer hohen Energiedichte, Temperaturrobustheit und Schnellladefähigkeit derzeit am besten als Traktionsbatterien für Elektroautos. Der Abbau der Rohstoffe für diese Batterien ist allerdings sowohl aus ökologischer als auch sozialer Sicht nicht unproblematisch. Obwohl auch die Erdölförderung mit negativen Auswirkungen auf Mensch und Umwelt verbunden ist, läuft ein neues Elektroauto im Vergleich zu einem Verbrennerfahrzeug damit tatsächlich mit einem grösseren CO2-Fussabdruck vom Band. Aufgrund der geringen Emissionen beim Fahren ist dieser Rückstand aber nach rund 40'000 ausgeglichen. Um die negativen Auswirkungen der Batterieproduktion zu verringern, laufen Verbesserungsmassnahmen auf verschiedenen Ebenen. In der Batterieforschung wird die Substituierung von problematischen Materialien wie Kobalt und Lithium etwa mit Lithium-Eisenphosphat (LFP) Batterien verfolgt. Auf politischer Ebene wird die Situation durch griffige Regulatorien und die Förderung des Produktionsstandorts Europa verbessert. Und bezüglich der zu erwartenden Entsorgung und Wiederverwertung werden zahlreiche Batterierecyclinganlagen mit Rückgewinnungsraten von über 90 Prozent gebaut. Bei allen Herausforderungen stimmt es zuversichtlich, dass die Problematik von Industrie und Politik erkannt ist und sowohl durch Innovation als auch durch Regulierungen deutliche Verbesserungen Richtung nachhaltige Zukunft gemacht werden.