Wie brandgefährlich sind E-Autos?
Immer wieder geistern Bilder brennender E-Autos durch die traditionellen und sozialen Medien, verbunden mit der Behauptung, dass von der Batterietechnologie eine erhöhte Brandgefahr ausgehen würde. Was an den Behauptungen dran ist und was nicht, untersuchen wir in diesem Blogbeitrag.
Nicht erst seit dem Brand auf dem Frachtschiff «Freemantle Highway» Ende Juli 2023, bei dem vorschnell E-Autos als Ursache verdächtigt wurden, ist deren Brandgefährlichkeit ein populäres und ebenso emotionales Diskussionsthema in den Medien. Im Folgenden versuchen wir, dem Thema möglichst sachlich auf den Grund zu gehen, indem wir das effektive Brandrisiko von E-Autos, mögliche Brandursachen und Besonderheiten von Akkubränden untersuchen.
E-Autos brennen auch, aber seltener
Auch wenn die mediale Berichterstattung bisweilen etwas anderes vermuten lässt, haben Versicherer weltweit keine Hinweise auf ein erhöhtes Brandrisiko bei Elektroautos.[1] Statistische Auswertungen zeigen, dass die Brandquote bei E-Autos bei ungefähr 1:10'000 liegt.[2] Verbrennerfahrzeuge geraten dagegen sieben Mal häufiger in Brand. Der Vergleich ist jedoch mit Vorsicht zu geniessen, da hier in der Regel neuere E-Fahrzeuge mit Verbrennern jeglichen Alters verglichen werden. Wirklich fundierte Aussagen werden also erst in einigen Jahren möglich sein. Auf jeden Fall kann aber gesagt werden, dass E-Autos nicht häufiger aber genauso wie Verbrenner Feuer fangen können. Zudem haben Feldversuche mit brennenden Verbrenner- und E-Fahrzeugen gezeigt, dass sich die freigesetzte Brandenergie zwischen den Fahrzeugen nicht wesentlich unterscheidet.[3] Die grössere Sorge gegenüber Elektroautos rührt allerdings daher, dass beim Brand der E-Auto-Batterie ein ganz anderer Prozess abläuft, der auch ein anderes Löschverfahren erforderlich macht.
E-Autos brennen nicht schlimmer, aber anders
Das unerwünschte Szenario beim Brand einer Lithium-Ionen-Batterie ist der sogenannte Thermal Runaway, bei dem eine Batteriezelle in Brand gerät und dann mit der Erhitzung eine Kettenreaktion bei den anderen Batteriezellen auslöst.
Speziell bei der Entzündung einer Batteriezelle ist, dass der Sauerstoff, der den Verbrennungsprozess beschleunigt, nicht von aussen, sondern aus der Batteriezelle selbst kommt. Während der Brand eines Verbrennerfahrzeugs deshalb durch den Entzug von Sauerstoff mit herkömmlichen CO2 Feuerlöschern gestoppt wird, kann ein Akkubrand nur durch starke Kühlung der Zellen von aussen gelöscht werden. Dafür wird viel Wasser über eine längere Zeit benötigt. Feuerwehren haben dafür neue Verfahren entwickelt, wie zum Beispiel feuer- und wasserfeste Säcke, die über ein brennendes Fahrzeug gezogen und mit Wasser geflutet werden können. |
Wie kommt es zu einem Akkubrand?
Zu einem Kurzschluss und damit einem möglichen Brand in einer Batteriezelle kann es bei einem E-Auto vor allem aufgrund einer massiven externen Beschädigung kommen, wenn Batteriezellen etwa bei einem Unfall mechanisch oder durch den Brand externer Komponenten beschädigt werden. Daneben gibt es bei Lithium-Ionen-Akkus im Prinzip auch interne Brandfaktoren, wie Baufehler oder zu hohe Ladeströme, was in der Vergangenheit auch schon bei Handy-Akkus für Probleme gesorgt hat. Bei Akkus von E-Autos, dürften Selbstentzündungen ohne externen Einfluss allerdings kein echtes Risiko darstellen, da sie sich punkto Sicherheit in einer anderen Kategorie bewegen. Die eingesetzten Produkte durchlaufen strenge Prüfverfahren und es sind verschiedene Sicherheitsmechanismen zum Schutz der Fahrzeuge und Insassen verbaut. Akkuhersteller verbauen spezielle Materialien, die sich im Brandfall als eine Art Brandmauer aktivieren, um die Akkus bereits intern resistenter gegen einen Thermal Runaway zu machen. Ein wesentlicher Unterschied von Lithium-Ionen-Batterien in E-Autos zu beispielsweise Handyakkus ist zudem das Batterie-Management-System des Fahrzeugs, das die Batterie ständig überwacht und reguliert.
Kann der Ladevorgang einen Brand verursachen?
Theoretisch könnte beim Laden einer Lithium-Ionen-Batterie tatsächlich durch Überladung oder zu hohe Ladeströme ein Kurzschluss in einer Batteriezelle entstehen. Im Fall von E-Auto Akkus ist dieser Fall allerdings wiederum sehr unwahrscheinlich, da der Ladevorgang immer vom Batteriemanagementsystem (BMS) des Fahrzeugs gesteuert wird und dieses die gewünschte Leistung bei der Ladestation anfragt. Falls etwas mit dem BMS nicht in Ordnung ist, fliesst also überhaupt kein Strom. Uns ist aus der Praxis mit heutigen E-Autos auch kein einziger Fall bekannt, bei dem es wegen eines Ladevorgangs zu einem Akkubrand gekommen wäre. Zudem gibt es auch seitens Ladestation effektive Brandschutzmechanismen. Unsere zertifizierten Anlagen verfügen über Sensoren, die eine Überhitzung oder ein defektes Batteriemanagementsystem identifizieren und die Stromzufuhr auch softwareunabhängig sofort unterbrechen können.
Fazit
Nüchtern betrachtet stellen wir fest, dass E-Autos wie die meisten Geräte und Maschinen selbstverständlich auch in Brand geraten können. Sie brennen aber nicht häufiger und auch nicht gefährlicher als Verbrenner. Die Verunsicherung rührt daher, dass ein brennender Akku anders abbrennt als die Komponenten eines Verbrennerfahrzeugs. Weil der zur Verbrennung benötigte Sauerstoff nicht von aussen sondern aus der Batteriezelle selbst kommt, kann ein brennender Akku nicht mit Sauerstoffentzug sondern nur durch externe Kühlung gelöscht werden. Feuerwehren sind darauf vorbereitet und haben entsprechende Löschverfahren entwickelt. Zusätzlich zu den verbauten Brandschutzmaterialien ist vor allem auch das Batteriemanagementsystem ein wesentliches Sicherheitsmerkmal bei E-Autos. Dieses sorgt unter anderem für die Temperaturregulierung, erkennt Störungen und reguliert auch die Ladeleistung. Neben sicherheitsgeprüften Ladesäulen ist die Funktionsweise des Batteriemanagementsystems dann auch der Grund, warum der Ladevorgang kaum eine Brandursache sein kann. Am Ende gilt, dass auch bei E-Autos der Technik mit der nötigen Sorgfalt und Respekt begegnet werden muss. Panik ist aber weder begründet noch hilfreich.
Gefahr von Ladesäulen in öffentlichen Tiefgaragen
Von Schnellladesäulen in Tiefgaragen geht wie oben beschrieben grundsätzlich keine Brandgefahr aus. Vor dem Einbau unserer Anlagen werden aber eine Risikoanalyse gemacht und bei den entsprechenden Behörden Brandschutzbewilligungen eingeholt
Wenn es trotzdem zu einem Brandfall in einer öffentlichen Tiefgarage kommen sollte, verfügen diese mit Brandmeldeanlagen und Sprinkler über eine doppelte Sicherung. Grosse Tiefgaragen sind zudem in Brandabschnitte eingeteilt, die durch Brandschutztore abgetrennt werden können. Beim Auslösen der Brandschutzanlage wird automatisch die Feuerwehr alarmiert, welche über die Ausrüstung verfügt, sowohl E-Autos, Benziner oder andere Brandherde kontrolliert zu löschen. |
[1] Vgl. Z.B. https://www.autoinsuranceez.com/gas-vs-electric-car-fires/
[2] Vgl. Huang et al., Questions and Answers Relating to Lithium-Ion Battery Safety Issues, 2021.
[3] Lecocq et al., Comparison of the fire consequences of an electric vehicle and an internal combustion engine vehicle, 2012; Wilstrand et al., toxic gases from electric vehicle fires, 2020.