Bereit für den elektrischen Schwerverkehr
Auf dem vormals unscheinbaren Autobahnrastplatz mit der technischen Bezeichnung Oftringen Ost an der A1, steht seit kurzem eine Stromtankstelle mit insgesamt acht Hochleistungs-Ladeplätzen für Elektroautos. Die Macher des Schweizer Unternehmens GOFAST haben dabei beim Layout der Anlage bereits an die zukünftige Elektrifizierung des Schwerverkehrs gedacht. Das Projekt ist Teil der Roadmap Elektromobilität des Bundes, bei der bis 2030 insgesamt 100 Rastplätze am Nationalstrassennetz mit Schnellladeparks bestückt werden sollen.








Als Beitrag zur Erreichung der Ziele des Pariser Klimaabkommens, hat der Bund Ende 2018 zusammen mit Vertretern von Kantonen und Städten sowie der Elektrizitäts- und Mobilitätsbranche eine Roadmap zur Förderung der Elektromobilität unterzeichnet. Teil dieser Roadmap ist der Ausbau der Schnellladeinfrastruktur an insgesamt 100 Autobahnrastplätzen in der ganzen Schweiz. Das im Bewerbungsverfahren als Sieger hervorgegangene Schweizer Unternehmen GOFAST, hat am Rastplatz Oftringen Ost nun den ersten von insgesamt 20 zugeteilten Schnellladestandorten eröffnet. Die neu eröffnete Schnellladestation an der A1 sticht heraus, auch wenn die Strecke zwischen Solothurn und Lenzburg nicht zu den Entwicklungsgebieten in Punkto Schnellladestationen gehört. Allein GOFAST betreibt entlang der rund 60 Autobahnkilometer acht Schnellladestandorte mit total 26 Ladeplätzen.
Tankstellendach produziert Ökostrom
Von Westen kommend fällt die 5 Meter hohe Stahldachkonstruktion ins Auge, mit der GOFAST E-Autofahrenden einen wirksamen Wetterschutz bieten und darüber hinaus im ganzen Land inskünftig einen Wiedererkennungswert schaffen will. Das schweizweit grösste Dach einer Stromtankstelle, dürfte bei E-Autofahrenden gut ankommen. Oft müssen Ladesäulen nämlich ungeschützt vor Niederschlag bedient werden. Zudem dient die rund 160m2 grosse Dachfläche gleichzeitig als Photovoltaikanlage mit einer Leistung von 40 Kilowatt-Peak. In einem Jahr werden damit schätzungsweise 40'000 Kilowattstunden Solarstrom erzeugt. Hier und an allen anderen GOFAST Schnellladestationen fliesst ausschliesslich Ökostrom aus der Schweiz.
Schnellladen für 40 Tonner
Der Schnellladepark bietet Platz für acht gleichzeitige Ladevorgänge. Die mit allen gängigen Steckertypen ausgerüsteten HPC-Ladesäulen, versorgen Fahrzeuge mit Leistungen von bis zu 150 Kilowatt. Abhängig von Fahrzeugtyp, Temperaturen und Batterieladestand können E-Autofahrende damit in nur 10 Minuten 150 Kilometer zusätzliche Reichweite gewinnen.
Das Besondere an dieser Schnellladestation sei aber nicht unbedingt die hohe Ladeleistung, meint GOFAST CEO Domenic Lanz. Speziell sei hier vielmehr das Layout. «Wir haben bei der Konzeption der Anlage miteinbezogen, dass in den nächsten Jahren immer mehr auch grössere gewerbliche Fahrzeuge elektrisch unterwegs sein werden, und zwar vom normalen Lieferwagen bis zum 18 Meter Lkw», erklärt Lanz. Tatsächlich kann in Oftringen auch ein 40 Tonner Sattelzug problemlos seinen Akku laden. Es mag einfach klingen, aber in der Realität war das bislang an den meisten E-Ladestationen nicht möglich.
Logistiker beim Schwerverkehr noch «technologieoffen»
Vorerst dürften grosse E-Sattelschlepper noch zu den selteneren Gästen bei GOFAST gehören und die gute Zugänglichkeit vor allem auch von Kunden mit Anhängern oder Wohnwagen geschätzt werden. Während die Verkaufszahlen bei den batterieelektrischen Personenwagen steil nach oben zeigen, ist die Entwicklung von E-Lastwagen nämlich noch zaghaft. Aus verschiedenen Gründen bezeichnen sich sowohl Hersteller als auch Logistikunternehmen noch als «technologieoffen». Dass es in der Schweiz bislang keine CO2 Grenzwerte für den Schwerverkehr gibt, mag zu diesem Umstand beitragen. Hinzu kommt, dass die für den Gütertransport wesentliche Reichweite beim heutigen Technologiestand batterieelektrischer Fahrzeuge weiterhin eine Herausforderung darstellt. Bei Reichweiten praxiserprobter E-Trucks von gut 200 Kilometern, eignet sich der Einsatz derzeit noch primär entlang berechenbarer Routen, zum Beispiel als Entsorgungsfahrzeug, für die letzte Meile von Warenlagern in die Verkaufsstätten oder für Postaufträge zwischen zwei Logistikzentren, wie das Beispiel der Hugelshofer Logistik AG zeigt. Seit 2019 setzt das Frauenfelder Logistikunternehmen auf einen batteriebetriebenen 40-Tonner.
Batterieelektrische Antriebe am effizientesten
Dass batterieelektrische Lastwagen längst nicht mehr nur Zukunftsmusik sind, zeigt sich auch an der nahe gelegenen GOFAST Schnellladestation in Oensingen. Zwei bis dreimal pro Woche lädt dort ein batterieelektrischer Entsorgungslastwagen der Firma Eggenschwiler Transporte AG seinen Akku für den Rest der Tour. Das Entsorgungsteam kann dabei den Ladestopp ideal mit einer Mittagspause beim nebenstehenden Take Away der VEBO Genusswerkstatt verbinden.
Die hohe Energieeffizienz und niedrigen Wartungskosten des elektrischen Antriebs liefern auch aus unternehmerischer Sicht interessante Argumente und sorgen dafür, dass bei verschiedenen grossen Logistik-, Detailhandels- und auch Industrieunternehmen in der Schweiz zunehmend auch E-Lastwagen zum Einsatz kommen. Ebenso dürfte das Reichweitenproblem bald in den Hintergrund treten, da mehrere Hersteller bereits in den nächsten 2-3 Jahren grosse Sattelzugmaschinen mit Reichweiten von über 500 Kilometern auf den Markt bringen wollen.